Kurt Hirsch kam 1913, also ein Jahr vor Beginn des Ersten
Weltkrieges, in Wien auf die Welt. Seine jüdischen Eltern hatten
sich in der Hauptstadt Österreichs eine Existenz aufgebaut, die
sie in die Lage versetzte, die Kriegs- und Nachkriegsjahre zu überstehen.

Doch während sich wohlhabende Jüdinnen und Juden politisch zumeist bei den Konservativen verorteten, engagierte man sich im Umfeld der Familie Hirsch im inzwischen »Roten Wien« vor allem bei den Sozialist*innen.

Weshalb der Schüler Kurt zwar Mitglied in einem zionistischen Wanderverein war, aber mit einem Onkel auch zu Maiauf-märschen ging. In der Lehrzeit marschierte er dann beim Jugend-Weltkongress 1929 mit der Sozialistischen Arbeiter-Jugend durch Wiens Straßen und diskutierte in Zirkeln marxistisch-leninistische Theorien.

Der Autor Peter B. Heim konnte für die Schilderung dieser frühen Jahre wie auch für alle folgenden Lebensabschnitte auf Aufzeichnungen und Gespräche mit Kurt Hirsch zurückgreifen, da er in den 1980/90er-Jahren Mitarbeiter des Autors und Pub-
lizisten war.

Darüber hinaus weitete er seine »Spurensuche« zur Person auf gesellschaftliche Verhältnisse und prägende Ereignisse aus und ließ weitere Zeitzeug*innen und sporadisch auch den »Mitarbeiter«, also sich selbst, zu Wort kommen.

So entsteht ein Bild, das lobenswerterweise nicht vorgaukelt, Zweifel nicht zu kennen oder »komplett« zu sein. Obwohl der erklärte Trotzkist und Publizist Hirsch stets im Fokus bleibt, verliert Heim die Welt und das Jahrhundert, in denen dieser gelebt hat, nie aus dem Auge.

Der Jude Kurt Hirsch wurde 1938 ins Konzentrationslager Dachau deportiert, weitere sieben Jahre war er Häftling des KZ
Buchenwald. 1945 nach Wien zurückgekehrt, wurde der Kommunist bald zum Emigranten, da er wegen mangelnder Linientreue ins Visier des sowjetischen Geheimdienstes geriet. Und weil ihn die Schweiz nicht haben wollte, strandete Kurt Hirsch im Nachkriegsdeutschland. Dort nahm er seine publizistische Tätigkeit auf. Als versuchsweise vorurteilslosen Beobachter der kommunistischen Hälfte Deutschlands hatten ihn zeitweise deutsche Geheimdienste im Visier.

Davon unbeeindruckt widmete sich Kurt Hirsch, nicht ganz überraschend nach dem Erlebten, einem Thema: dem Kampf gegen Alt- und Neonazis, gegen rechte Konservative, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus.

Er tat dies mit zahlreichen Büchern. Der von ihm ins Leben gerufene »Pressedienst Demokratische Initiative« (PDI) war, unter anderem unterstützt von Schriftstellerinnen und Schriftstellern und finanziell auch von der SPD, bis Ende der 1980er-Jahre das unüberhörbare und durchaus erfolgreiche Sprachrohr in seinem Kampf gegen rechts.

Als der PDI vorgeblich wegen finanzieller Probleme eingestellt wurde, engagierte sich der zunehmend unter Alzheimer leidende Kurt Hirsch weiter, indem er, wie schon in seinen Anfängen, Bücher und Artikel für gewerkschaftliche Publikationen oder auch Zeitungen schrieb. Immer rechte und rechtsextreme Umtriebe im Visier und inzwischen mit einem Archiv als Arbeitsgrundlage, das nach seinem Tod am 31. Dezember 1999 dem Institut für Zeitgeschichte in München übergeben wurde.

Auch wenn sein Name inzwischen in Vergessenheit geraten sein dürfte, seine Arbeit wirkt so weiter. Sein Buch, sagt Peter B. Heim, solle deshalb nicht nur an die Person erinnern, sondern auch dazu motivieren, bei aller aktuellen Problematik den Blick nach hinten zu richten.

Denn aus der Vergangenheit lasse sich lernen.

von Schorsch Wiesmaier

 
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