geb. am 6. Februar 1906 in Unterhofkirchen (heute Gemeinde Taufkirchen/Vils)
gest. im Juni 1944
Manchmal verbirgt sich hinter einem Bild und einem Namen eine interessante Geschichte.
So auch im vorliegenden Fall. Georg war ein jüngerer Bruder des Schriftstellers Josef (Martin) Bauer. Auch er wollte wie sein Bruder die geistliche Laufbahn einschlagen. Aber gleich zwei Buben aus einer Familie? Das Geld fürs Internat reichte schon für den älteren Josef nicht. Aber wie gings weiter? War er auch in der Klosterschule in Scheyern wie der ältere Bruder?
Wir wissen es (noch) nicht. Was wir aber wissen, ist, dass er gerade mal 15 Jahre alt, das Gymnasium wegen der Mathematik abbrach (abbrechen musste?). „Die Mathematik verleidete ihm das Leben. Schade, denn er war sprachenbegabt. Er bildete sich in Latein so sehr weiter, dass er es ohne Beschwer sprach und schrieb.“ Warum er anschließend die heimatliche Welt verließ, ist nicht überliefert. Jedenfalls begab er sich in die Obhut des Spiritanerordens in Knechtsteden bei Dormagen, damals fast eine Weltreise von Hofkirchen aus (etwa 650 km). In einem Dokument des Klosters heißt es:
„Er kam zu uns, um, wie sein Vater, Bäcker zu werden. Er erschien uns aber zu schwach auf den Beinen, da schickte man ihn zum Bruder Konrad, Landsmann aus dem Würzburgischen, dass er aus ihm einen Obstgärtner mache. Als er am 21.6.1924 zur Profess schritt, hatte er die Pomologie (Obstbaumkunde) von Grund auf erlernt. Abgesehen von einem kurzen Aushilfsdienst in Speyer 1928 blieb er dem Haus Knechtsteden verbunden. Er war Gärtner und empfing, als er älter wurde, an der Pforte die Gäste. Wenn die Äpfel geerntet waren, zog er mit dem Kalender über Land. In den Städten und Dörfern an der Mosel und an der Saar kannten den freundlichen Bruder viele Leute. Als der Krieg ausbrach, wollte das Militär ihn nicht. Es wurden zunächst nur die gesündesten in den Tod geschickt. Als unsere Gemeinschaft in Knechtsteden im Mai 1941 aufgelöst wurde, gehörte er zu den Brüdern, die im eigenen Haus arbeitsdienstverpflichtet wurden. Er war aber nicht nur ein guter, sondern auch ein streitbarer Engel. Von Nazis hielt er nichts und machte daraus kein Hehl. Sie ertrugen ihn, bis sich die Gelegenheit bot, sich zu rächen. In Knechtsteden wurden auch eine Anzahl französischer Kriegsgefangener beschäftigt. Von Zeit zu Zeit kam ein Priester, um mit ihnen die Messe zu feiern. Bruder Agathangelus* aber schaute, dass er nicht ungespeist von dannen ging.
Im Mai 1942 überraschte ihn eine im Lazarett angestellte Frau, wie er ihm auch noch Wurst und Eier zusteckte, und zeigte ihn an.Er wurde vor dem drohenden Volkszorn in Schutzhaft genommen und ins Gefängnis nach Düsseldorf gebracht. Er sei reif fürs Konzentrationslager, sagte man ihm, aber das Vaterland brauche Soldaten. Sie schickten ihn zu den Landesschützen nach Lüdenscheid.
Im Januar 1942 gehörte er zu einer Gruppe von Leuten, die im 2. Battl. Des Gren.Rgt.658 Lücken auszufüllen hatten. Das Regiment bestand ganz aus alten Männern, die in der weiten und schönen Normandie Straßen, Eisenbahnen und Brücken bewachten. Er hatte es gut. Man setzte ihn in die Schreibstube und er lernte Französisch. Das ging so länger als zwei Jahre. Als aber am 6. Juni 1944 die Alliierten landeten, geriet sein Bataillon sofort mit in die Schusslinie. Er wurde uns als vermisst gemeldet, aber er ist in den Kämpfen bei Breville** umgekommen.“
*Im Kloster erhielt Georg Bauer den Namen Bruder Agathangelus.**Die Schlacht von Bréville wurde von der britischen 6. Luftlandedivision und der deutschen 346. Infanteriedivision zwischen dem 8. und 13. Juni 1944 in der Anfangsphase der Invasion der Normandie ausgetragen.(Wikipedia) Die Lebensgeschichte von Georg Bauer fiel über die Jahrzehnte der Vergessenheit anheim. Erst kürzlich wurde die Geschichtswerkstatt Dorfen auf das Schicksal dieser bemerkenswerten Persönlichkeit aus der heutigen Gemeinde Taufkirchen aufmerksam.
Die Zitate sind einem Text entnommen, den uns die Archivarin des Klosters Knechtsteden zur Verfügung gestellt hat. Leider gibt es bisher nur das Bild in Uniform. Auch im Kloster Knechtsteden konnte kein Bild gefunden werden, auf dem er eindeutig zugeordnet werden kann. Möglicherweise ist er auf einer Abbildung der Knechtstedener Brüder aus der Kriegszeit zu sehen. Aber in welchem Jahr sie entstanden ist, weiß auch die Archivarin des Klosters nicht.