Geb. am 11. 09.1906 oder 1907 in Dorfen, Ziegeleiarbeiter
Harreiner wurde am 9. April 1934 "in Schutzhaft genommen" und in das Amtsgerichts-Gefängnis in Dorfen eingeliefert. Es konnte ihm lt. Polizeiakte nachgewiesen werden, "dass er Angehörige nationaler Verbände als Hitler-Bande bezeichnet hat. Die Erlassung eines richterlichen Haftbefehls wurde vom Amtsgericht Dorfen abgelehnt und das Strafverfahren von der Staatsanwaltschaft beim Landgericht München eingestellt. Harreiner musste wieder entlassen werden. Sein weiteres Schicksal ist bisher unbekannt. Sollte jemand mehr über ihn wissen, bitten wir um Mitteilung an die Geschichtswerkstatt.
Wer mehr dazu erfahren will:
Was war geschehen? In einem ausführlichen Protokoll, angefertigt von Oberwachtmeister Nesselthaler, NSDAP-Mitglied schon vor 33, wird der Anlass wie folgt geschildert:
"Der ledige Metzgergehilfe und SA.-Mann Matthias Üppisch, wohnhaft und bedienstet bei dem Metzgermeister Xaver Albrecht in Dorfen, machte folgende Mitteilung: Am Samstag, den 3.3.34 gegen 23 Uhr seien er und der verheiratete Ladeschaffner Köller, wohnhaft in Dorfen, vor dem Eingang der Strasserschen Gastwirtschaft in Dorfen gestanden und haben sich über Geschäftliches unterhalten. Während dieser Zeit seien die ehemaligen KPD-Genossen bzw. Anhänger dieser Partei Josef Harreiner, Eduard Haas, Jakob Lutz, Anton Mayer und Johann Weber auf die Strassersche Gastwirtschaft zugekommen. Nach seiner Ansicht seien sie vorher in der Wiedlschen Gastwirtschaft gewesen. Vor der Strasserschen Gastwirtschaft seien sie stehen geblieben. Er und Koller haben sich weiter unterhalten und sich nicht stören lassen. Harreiner hat dann die Türe zur Gastwirtschaft aufgemacht und in das Gastlokal geschaut. Währenddessen habe Haas zu Harreiner gesagt: "Heut glangts, gehn wir heim, wir können das Bier morgen trinken da schmeckts uns besser." Auf dies hin äußerte Harreiner: "Hast recht, die sollen uns am Arsch lecken die Hitlerbande dadrin." Mayer, der etwas abseits gestanden sei und sie gesehen habe, hat dem Harreiner durch "bst bst"-Zeichen gegeben, dass er nichts mehr sagen solle. Daraufhin sei Harreiner ruhig gewesen. Die KPD-Genossen seien dann gleich fortgegangen. Er nehme an, dass in der Wirtschaft SA-Leute bzw. Parteigenossen gewesen seien. Außerdem halten sich in der Strasserschen Wirtschaft sehr oft SA-Leute auf, weil auch der Sohn der Wirtschaftspächterin SA-Mann sei. Bemerkt wird, dass Harreiner, der früher zweifellos Anhänger der KPD war und seinem Verhalten nach heute noch Gegner der jetzigen Regierung ist, schon mehrmals mit den Strafgesetzen in Konflikt gekommen ist." Nesselthaler merkte noch an, man habe Harreiner nicht mit diesen Vorwürfen konfrontiert, da man befürchtete, er würde sich seiner eventuellen Strafe durch Flucht entziehen. Wenige Tage später wurde Harreiner nach einem bezirksamtlichen telefonischen Auftrag in Schutzhaft genommen. Begründung: "Es konnte ihm nachgewiesen werden, dass er Angehörige nationaler Verbände als "Hitler-Bande" bezeichnet hat." Der Vorgang wurde wie immer über das Bezirksamt Erding an die Bayerische Politische Polizei in München weitergeleitet. Diese reagierte eher ungehalten. Vermutlich war die Behörde überfordert durch die große Zahl von derartigen Denunziationen. Man wies das Bezirksamt umgehend darauf hin, dass Schutzhaft nur noch verhängt werden dürfe, "wenn die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der persönlichen Sicherheit einer Person ernstlich zu befürchten ist". Und weiter wird in dem Schreiben ausgeführt: "Keinesfalls darf Schutzhaft verhängt werden an Stelle einer gerichtlichen oder polizeilichen Strafe oder an Stelle der Einleitung eines Strafverfahrens." In diesen Jahren war die untere Polizeibehörde mit einer Menge von Wirtshausdenunziationen, verbunden mit erheblichem Alkoholkonsum, beschäftigt, die zumeist ergebnislos im Sande verliefen, da sich die Denunzianten in nüchternem Zustand oftmals an Details nicht mehr erinnern konnten oder wollten.
In der Sache Harreiner konnte der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Dorfen bereits am Tag darauf dem Erdinger Bezirksamt mitteilen: "Hinsichtlich der Straftat des Harreiner - der im Amtsgericht Dorfen sich in Schutzhaft befindet, erscheinen dem Gerichte die Voraussetzungen zum Erlasse eines richterlichen Haftbefehls nicht gegeben, vorbehaltlich der Beibringung weiterer Anhaltspunkte. Die Straftat des Harreiner stellt sich als ein Verbrechen nicht dar." Auch eine Fluchtgefahr konnte der Ermittlungsrichter nicht erkennen. Schließlich sah sich die Staatsanwaltschaft München II veranlasst, das Strafverfahren einzustellen. Der Hauptzeuge war gerade nicht greifbar, und ein weiterer Zeuge, der Sohn der Wirtshauspächterin, selber SA-Mann, wollte nichts gehört haben und keinen Strafantrag wegen Beleidigung stellen. Der Delinquent , der etwa zwei Wochen in Schutzhaft war, musste entlassen werden. Der Schutzhaftbefehl wurde am 9.April 34 ausgestellt und am 17.Mai "mit sofortiger Wirkung" aufgehoben.